Leben mit dem Hochwasser

Nachdem wir schon zwei mal richtig überflutet wurden, 2002 und 2013 hier eine kurze Beschreibung, wo wir wohnen .
Wir wohnen hier auf einem Werder. Das heisst auf einer Flussinsel. Wir wohnen vor den Elbdeichen im Überflutungsgebiet der Elbe. Seit Jahrhunderten kein Problem für die hier ansässigen Menschen. Ein Problem wurde das Wohnen hier erst mit der Erhöhung der Deiche. Man hat uns Einwohner hier in Werder einfach “vergessen” und jede Erhöhung und Festigung der Deiche bedeutet für uns -  Wasser bis in die Häuser. Eigendlich ein Unding. Das Problem ist nur mit einem eigenen Deich um Werder zu lösen, aber das ist unbezahlbar. Da die Gefahr von Hochwasser durch die Wetterextreme immer höher wird, weiß ich noch nicht, was die Zukunft bringen wird und wie das Problem gelösst werden kann. Eine Umsiedelung der Menschen hier wäre die beste Lösung, aber daran mag hier keiner denken. Man wohnt hier sooo schön.
Ich vergleiche unseren Wohnsitz gern mit einer Badewanne. Man sitzt darin und das Wasser läuft langsam ein und steigt gemächlich. Irgendwann ist der Badewannenrand erreicht und das Wasser läuft über (das Wasser läuft über den Deich) oder jemand zieht den Stöpsel (der Deich bricht). Zweiteres ist für uns sehr gut, denn das Wasser sinkt dann zusehens. Sehr schlecht natürlich für die Menschen hinter dem Deich. Da schiesst das Wasser mit Macht ins Land und man kann nur noch sein Leben retten.
Als wir 1989 hier her zogen, lag unser Grundstück höher als der Elbdeich. Kein Problem für uns. Die Zufahrt zum Grundstück war bei Hochwasser seit je her hier nur mit dem Boot möglich. Im Videotext kann man verfolgen, ab wann das Grundstück nur noch mit dem Boot erreichbar ist und man hat Zeit, sich vorzubereiten. Ist der Tag gekommen, lässt man den PKW im Dorf stehen, zieht sich Fischerstiefel oder eine Wathose an und geht durch das Wasser zum Grundstück. Später kann man nur noch mit hochgelegten Fahrzeugen, wie Traktoren, durch das Wasser fahren, dann geht es nur noch mit einem Boot. Das Durchgehen mit Stiefeln durch das Hochwasser ist anfangs kein Problem. Etwas anstrengend, denn das Wasser fliesst da ja schon über die Straße. Hat man noch letzte Einkäufe dabei sollte man diese besser in einem Rucksack mit hinüber bringen, denn das Tragen von Einkaufstüten mit angewinkelten Armen hat sich als sehr anstrengend erwiesen. Post und Müllabfuhr funktionieren in dieser Zeit natürlich auch nicht. Müll wird eben bis zur nächsten Abfahrt gesammelt und für die Post gibt es ein eigens dafür zugelegter Zweitbriefkasten, der im Dorf aufgehängt wird. Die Post weiß natürlich darüber Bescheid. Nur fremde Paketdienste haben in dieser Zeit Probleme mit der Zustellung. Also : Paketzustellungen vermeiden, wenn man nicht fremde Personen mit der Annahme belässtigen will.
Ist die Zeit gekommen, wo wir nur noch per Spezialfahrzeug oder Boot zu erreichen sind, beginnt das Inselleben. Man hat sich eingerichtet. Essen und Trinken sind ausreichend eingelagert und kein unangemeldeter Besuch kann einem die Stimmung vermiesen.
Die Stromversorgung ist seit dem Hochwasser 2002 auch optimiert, sodass, man den Tag gut überstehen kann, wenn man nicht aufs “Festland” und zur Arbeit muss.
Hier hat jeder Haushalt ein Boot, so wie andere ein Zweitauto.

Hochwasser 2013

Nach dem “Jahrhunderthochwasser der Elbe im Jahre 2002 dachten wir : das passiert, solange wir hier leben nicht mehr und hatten alles wieder aufgebaut. Damals war der Höchste Wasserstand hier 7,34 m

Zur Erklärung : Wir richten uns nach den in Wittenberge(Prignitz) gemessenen Wasserstand. Der beträgt bei normalen Wasserstand so 2,0 bis 2,5 m. Wir verfolgen die Wasserstände über den Teletext der ARD Seite 192. Dort kann man sehen und auch berechnen, wann und wie hoch das Wasser wird. Ab einen Pegelstand von 4,60 m geht unsere Zufahrtbrücke unter

Ich will mal versuchen, das Geschehen im Juni 2013 kurz zu schildern.
Am 2.06.13 hatten wir auch “endlich begriffen”, dass da eine grosse Welle auf uns zu kam. Pegelstand da schon 4,45 m , die kleine Brücke war kurz vor der Flutung. Am kommenden Tag ganz schnell alle Einkäufe und Besorgungen gemacht - Hochwasservorbereitung - Notstromaggregat, genügend Benzin, leistungsstarke Pumpen fürs Haus und Verpflegung für Mensch und Tier.

Es bleibt nur noch wenig Zeit die Kellerfenster zuzumauern, und alles wegzuräumen und hochzustellen, was das Wasser beschädigen könnte. Und das war sehr viel. Wir hatten zu dieser Zeit ja auch noch unser Besucherzelt mit Einrichtung auf dem Hof aufgebaut. Die Tische wurden zusammengestellt und alles hochgelagert. Wir haben Podeste aus Gerüstmaterial gebaut, wo wir noch einige Pflanzen während des Wassers lagerten, denn wir ahnten schon was kommt. Diese Aktion dauerte einige Tage. Zwischenzeitlich stiegt und stieg das Wasser und die Prognosen machten uns Sorgen. Wir errechneten ebenfalls einen Pegelstand von 8,40 m. Katastrophe !

Nach dem Hochwasser waren die Schäden enorm. Die Wände der Gebäude triefend nass. Im Keller stand das Wasser bis zu 80 cm hoch . Hauswasser- und Heizungsanlage Totalschaden. Alle Möbel und Regale und was dort gelagert war musste entsorgt werden. Die Kosten für den Wiederaufbau wurden von der Investitionsbank und vom Roten Kreuz übernommen. Die furchtbarsten Schäden waren aber im Garten entstanden. 80 % der Bäume und Pflanzen waren eingegangen. Diese Kosten wurden nicht übernommen. Da wir unseren Garten schon seit 2008 im Rahmen der offenen Gärten der Altmakt Besuchern öffneten, konnen wir Hilfe beim Wiederaufbau von den Johannitern bekommen und sind sehr dankbar dafür, denn der Garten war und ist unser "Baby".

Nach dem Hochwasser 2013 entstand der Rosengarten und er wird mit jedem Jahr schöner.

Wir hoffen, dass uns solche Hochwasser, wie 2002 und 2013 in Zukunft erspart bleiben.